Gemeinsamer Programmschwerpunkt

Who Cares? – Arbeit feministisch betrachtet

Am Anfang der Corona-Pandemie hieß es, dass alle gleich betroffen sind. Denn jede und jeder könnte sich mit dem Virus anstecken und so erkranken. Die österreichische Regierung begegnete der entstehenden Krise mit einer entschiedenen Kampfansage: Koste es, was es wolle. Dennoch hat sich die Krisenlast ungleich verteilt, traditionelle Rollenbilder wurden einmal mehr verfestigt. Es ist offensichtlich: es sind vor allem die Frauen, die systemerhaltenden Aufgaben im Beruf sowie zu Hause übernehmen. Trotzdem sind Frauen aufgrund schlechterer oder entfallender Bezahlung stärker durch Armut gefährdet als Männer. Und noch ein Problem wurde durch die Krise deutlich: Gewalt gegen Frauen.

Keines dieser Probleme ist neu. Offenbar läuft schon länger etwas schief im System.

Wir fragen: Who cares? Wer sorgt für wen in unserer Gesellschaft? Und wen kümmert das eigentlich (nicht)?

Mit dem Themenschwerpunkt „Who cares? Arbeit feministisch betrachtet“, einer gemeinsamen Sendereihe, lenken die österreichischen Freien Radios ihren Fokus auf Probleme, die in der öffentlichen Debatte meist marginalisiert oder oberflächlich behandelt werden.

 

Das Programm im Detail:

26.10. Wer wird mich pflegen?
Radio AGORA 105,5 fragt: Wieso wird gerade die als wichtig empfundene Sorgearbeit meist schlecht bezahlt? Ist dem überhaupt so? Falls ja – warum, und wer verrichtet sie?

27.10. Frauen am Arbeitsmarkt
Radio B138  spricht mit Julia Bauer, Leiterin des AMS Kirchdorfs, zum Thema Frauen am Arbeitsmarkt und fragt, wie lange es laut aktuellen Statistiken noch dauert bis Männer und Frauen tatsächlich gleichgestellt sind.

28.10. Arbeit Substantiv, feminin [die] – Für einen erweiterten Arbeitsbegriff
Der Arbeitskreis Emanzipation und Partnerschaft (AEP, Elisabeth Grabner-Niel, Sylvia Aßlaber) beschäftigt sich im Beitrag von FREIRAD mit dem Arbeitsbegriff: Von Frauen geleistete Arbeit wird allzu rasch aus dem Blickfeld geschoben: unsichtbar gemacht, abgewertet oder als ein „Tun aus Liebe“ in den Himmel gehoben und damit auch materieller Abgeltung entzogen. Wo findet politische und soziale Arbeit ihren Platz? Wie hängen Sorge-Arbeit (an Mensch und Natur), Erwerbsarbeit, politische Arbeit und Arbeit zur Selbstentwicklung zusammen?

29.10. Bündnis gegen Ausbeutung
Menschen mit hohem Pflegebedarf nehmen oft die Hilfe von 24-Stunden-Betreuer*innen, die mehrheitlich aus Osteuropa kommen, in Anspruch. Das System der 24-Stunden-Betreuung fußt auf Ausbeutung und Respektlosigkeit. Die Betreuer*innen haben schlechte Arbeitsbedingungen und sind mit 3 – 4 Euro Stundenlohn extrem unterbezahlt. Lange hatten sie keine Interessensvertretung, doch nun haben Aktivistinnen eine Organisation gegründet, die auf die unzähligen Missstände hinweist und deutliche Verbesserungen für jene fordert, die diese unentbehrliche Arbeit machen. Margit Happerger von Radio FRO im Gespräch mit Anna Leder, von der IG24, der Interessensvertretung der 24 Stundenbetreuer*innen.

1.11. Sie nennen es Liebe. Wir nennen es unbezahlte Arbeit
Feministische Ökonomiekritik ist nichts Neues, Anfänge finden sich bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Durch die Frauenbewegung der 1970er Jahre wurde die Bedeutung der Sorgearbeit (Reproduktionsarbeit) für den Kapitalismus stärker diskutiert. So hat die internationale Kampagne „Lohn für Hausarbeit“, die von italienischen Feministinnen wie Mariarosa Dalla Costa und Silvia Federici begründet wurde, nicht an Aktualität verloren. Im Gegenteil, die Verhältnisse haben sich verschärft, Arbeitsbedingungen sind prekärer und Frauen leisten neben ihrer Lohnarbeit (oft in Pflegeberufen), nach wie vor die meiste Pflege- und Hausarbeit. Radio Helsinki wirft einen Blick auf die Verbindungslinien historischer feministischer Kämpfe und der aktuellen Carekrise.

2.11. Wege aus der Care-Krise
Die Care-Krise zeigte sich auch am Mangel an Pfleger*innen und an der besonderen Vulnerabilität von 24-Stunden-Betreuer*innen aus dem Ausland deutlich. Unverkennbar wurde, dass diese Sorgemodell, die auf Kosten unter- und unbezahlter Arbeiter*innen beruht, nicht nachhaltig sein kann. Die Pandemie machte die Kritik an diesem Modell lauter und verlieh der Debatte um Alternativen neue Dringlichkeit.
Radio ORANGE 94.0 spricht mit Vertreter*innen der „Mehr für Care!“ Initiative über die Wege aus der Care-Krise und diskutiert darüber, wie man Care-Arbeit nachhaltig und solidarisch denken und adressieren kann.

3.11. Anders schreiben, anders altern? Über Care-Arbeit, Literatur und weibliche Altersarmut
Das Schreiben ist ein einsamer Beruf. Oder?! Zwei Autorinnen berichten aus unterschiedlichen Perspektiven über das Schreiben und dessen Verbindungen ins weibliche Leben. Veronika Bohrn Mena ist Sachbuchautorin und Publizistin. Sie beschäftigt sich u.a. mit weiblicher Altersarmut und liefert Vorschläge, dieser entgegenzuwirken. Autorin ist auch Barbara Rieger, allerdings im literarischen Bereich: Die von ihr unlängst veröffentlichte Anthologie „Mutter werden. Mutter sein.“ widmet sich Care-Arbeit aus einer künstlerischen Perspektive. Das FRS fragt nach: Wie passen das Schreiben als Beruf und das Familienleben zusammen?

4.11. Who kehrs? Frauen in der Reinigungsbranche
Sie haben meist Migrationshintergrund, arbeiten privat und nicht versichert, oder in der Gebäudereinigung: dort werden sie schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen, arbeiten in Teilzeit und zu Randzeiten, oft in der Früh und am Abend. Denn, wer will schon während der Arbeit im Büro die Putzfrau sehen?! Während der Corona-Zeit waren die Reininungsfrauen an vorderster Hygiene-Front und einem höheren Risiko ausgesetzt. Ein Plädoyer für Gleichberechtigung, Wertschätzung und Anerkennung von Campus & City Radio St. Pölten.

5. 11. Finanziell abgesichert in der Sorgearbeit (Care) – eine Vision?
Care-Arbeit ist zwischen den Geschlechtern ungleich verteilt und genießt – wohl auch, weil sie oft nicht bezahlt ist – wenig Anerkennung. Radio Freequenns geht der visionären Frage nach, ob das so sein muss und ob z. B. ein Care-Fonds an dieser Schieflage etwas ändern könnte.

8.11. Finanziell abgesichert
„Finanziell abgesichert“, so heißt das neue Pflegemodell für pflegende Angehörige im Burgenland.Kann das ein Modell für ganz Österreich sein? Oder verhärtet es nur die bestehenden Strukturen, dass Pflege Angelegenheit von Frauen bleibt? Was meinen die Frauenberatungsstelle und das AMS Oberpullendorf dazu? Radio OP fragt nach.

9.11. Unbezahlbar! Unbezahlbar? – Die Arbeit von pflegenden angehörigen Frauen in Salzburg
Pflege zu Hause bedeutet oft: hohe Verantwortung, Stress, finanzielle Einschränkungen sowie starke körperliche und psychische Belastung. Trotzdem werden in Österreich rund 80% aller hilfs- und pflegebedürftigen Menschen von – zum Großteil weiblichen – Angehörigen gepflegt. Die Radiofabrik beleuchtet den Alltag von pflegenden Angehörigen in Salzburg und fragt nach, wo sie Unterstützung bekommen können.

10.11. Who Cares? Jedenfalls die Gemeinden auch
Diese sprechen sich ‚für eine Pflegereform mit Hausverstand‘ (Gemeindebundpräsidentstellvertreter Bürgermeister Rupert Dworak, Ternitz, SPÖ) aus – was darunter zu verstehen ist und wie eine solche Reform aus der Sicht des Sozialstaates (hier der Gemeinden) auszurollen ist – darüber spricht Herbert Leschanz von radioYpsilon mit dem prominenten Kommunalpolitiker. Der österreichische Gemeindebund vertritt 2.084 Gemeinden, 80 Prozent der Bevölkerung.

11.11. Geht‘s noch!? – Was Frauen leisten
Beim Wort „Arbeit“ denken wir fast ausschließlich an berufliche Tätigkeiten – an Erwerbsarbeit. Wer erledigt jedoch unbezahlte Arbeiten: Care-Arbeit, wie die Plege von Familienangehörigen, die Kinderbetreuung und die Haushaltsführung. Hauptsächlich Frauen. Im krassen Kontrast zum Gesamtarbeitspensum steht dennoch die Einkommensschere. Frauen verdienen auch im 21. Jahrhundert im Durchschnitt wesentlich weniger als Männer, selbst in den selben Berufsfeldern. Die Mehrfachbelastung durch die Care-Arbeit bedingt oft auch fehlende Versicherungszeiten, die später zu Altersarmut führen. FRF-Moderatorin Claudia Prinz spricht mit Christine Lasinger, Geschäftsführerin der Frauenberatungsstelle BABSI in Freistadt über diese Problematik und Lösungsansätze dazu. Unterstützungsmöglichkeiten bei der Arbeitssuche, der berufliche Wiedereinstieg von Frauen, Altersarmut, Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Hinblick auf Care Arbeit, stehen im Fokus einer kritischen Auseinandersetzung.

12.11. Taking care EVERYWHERE!
„TAKING CARE“ bedeutet, Verantwortung zu übernehmen und sich um das Leben und lebenserhaltende Prinzipien auf unserem Planeten zu kümmern. Die Zerstörung des Lebens auf unserem Planeten muss gestoppt werden und eine sich sorgende, gemeinwohlorientierte Gesellschaft entwickelt werden. Das Leben und das Gemeinwohl müssen in den Mittelpunkt gestellt werden anstatt der Profitmaximierung für Einzelne. Dies bedeutet auch, dass mehr Anerkennung, Aufwertung und angemessene Bezahlung von Sorgearbeit in allen Bereichen dringend notwendig sind! Viele Initiativen und Organisationen beschäftigen sich seit Jahrzehnten mit dem Aufbau unterschiedlichster alternativer Lebens- und Wirtschaftsformen und haben Modelle für ein gemeinwohlorientiertes Leben, Arbeiten und Wirtschaften entwickelt und leben diese bereits konkret. Gemeinwohlorientierte Initiativen in Vorarlberg präsentiert Proton – das freie Radio.

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